Juli 2012: Wir begannen mit unserer Werbung für unsere Russlandreise und wollten so schnell wie möglich die 10 Mitfahrenden bestimmen. Die Gruppe von 10 Leuten war schließlich zusammengestellt und in drei Treffen sowie zahlreichen E-Mails legten wir die Route fest und verteilten Aufgaben wie Flugbuchung und Unterkünfte. Traditionell verbringen die Dresdner Studierenden etwa eine Woche ihrer Reise an der Partneruniversität in Samara namens SamGups und werden dort rund um versorgt und in das örtliche Unileben eingeführt. Die anschließende Woche wollten die Reisenden gern jeweils zwei Tage in Nizhny Novgorod und Moskau verbringen. Die Flüge von Berlin nach Moskau und zurück waren schnell gebucht, über die Hostels wurde sich auch informiert und mögliche Zugfahrten innerhalb von Russland wurden ausgespäht.
August 2012: Im August beschäftigten uns zum Großteil die Visa. Im ständigen Austausch mit allen Mitreisenden haben wir es geschafft, bis eine Woche vor Abreise Mitte September alles komplett in den Händen zu halten. Nun mussten auch die Züge endgültig gebucht werden. Das Ganze stellte sich jedoch schwieriger dar als erwartet, denn die Buchungsseite war nur auf Russisch. Aber mithilfe des Google-Übersetzers und Erfahrungsberichten vorheriger Reisegruppen konnten alle Probleme überwunden werden, so dass auch alle Züge innerhalb von Russland standen.
September 2012: Eine Woche vor Reisebeginn mussten nur noch Gastgeschenke besorgt werden. Mit FSR-Shirts, einigen Flaschen deutschen Wein, vielen Flyern und DVB-Kalendern waren dann alle startbereit und in voller Abenteuerlust.
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15.09.12: Die Anreise nach Berlin wurde von jedem selbst bestritten, so dass die Gruppe erst in Berlin vollzählig war. Direkt nach dem Flug nach Moskau ging es mit dem Aeroexpress in 45min zum Bahnhof Paveletsky, wo wir in die Metro-Ringlinie zum Komsomolskaja-Platz umstiegen, an den sich der Bahnhof Kazansky anschließt. Am Ziel angekommen wartete schon die nächste Herausforderung. Die Online-Reservierungen mussten noch in Papiertickets umgewandelt werden. Es gibt in diesem Bahnhof jedoch KEINERLEI englische Hinweisschilder, weswegen es ca. 30min brauchte, um die Halle mit den Ticketschaltern zu finden, die sich irgendwo am hinteren Ende neben den Gleisen versteckte. Während der 17-stündigen Zugfahrt nach Samara lernten sich alle Reisenden dann auch näher kennen. In einem Waggon mit insgesamt 54 Schlafplätzen ohne wirkliche Abtrennung war dies allein schon ein absolutes Erlebnis. Mit einem sehr einfachen Lebensstil, einem guten Buch, mehreren Kartenspielen und Fertigprodukten, beispielsweise Tütensuppen, war der Trip eine gute Möglichkeit vor unserer Ankunft in Samara Erholung zu finden. In Samara angekommen, wurden wir von unseren Freunden der SamGups Universität herzlich in Empfang genommen und in unsere Unterkunft für die nächste Woche gebracht. Nach einer Dusche und einem Frischmachen ging es dann in die Mensa zu einem deftigen Abendessen mit drei Gängen.
Gleich am nächsten Tag (17.09.12) wurden wir vom Direktor der Uni persönlich in seinem Konferenzraum begrüßt. Nach vielen Dankesworten und Lobliedern über die Zusammenarbeit mit der Fakultät Verkehrswissenschaften ‚Friedrich List‘ der TU Dresden wurden uns zunächst einige Unigebäude und Labore im näheren Umfeld gezeigt. Der Tag endete mit einer Metrofahrt (Samara hat genau eine Metrolinie…) zur Uferpromenade an der Wolga, wobei wir unterwegs noch eine echte aufgestellte Satelliten-Rakete besichtigten.
Am nächsten Tag (18.09.12) folgte ein Highlight, der Besuch der Versuchsanlagen und Laboratorien der Uni. Aus dem Hörsaal eines angrenzenden Lehrgebäudes kann man direkt in den Lokschuppen schauen, so hat man auch die nötige Motivation. Auch Fahrsimulatoren fehlen natürlich nicht. An das Versuchsgelände schließt sich das Museum der Bahntechnik an, was im Großen und Ganzen aus einem großen Freigelände mit zahlreichen ausgestellten Loks und sogar ganzen Zügen besteht.
An Tag 3 (19.09.12) besuchten wir vormittags ein Informationsverarbeitungszentrum der russischen Eisenbahngesellschaft RZD. Nach vielen interessanten Informationen zu RZD wurden wir zur Überraschung in einen Konferenzsaal geführt, in dem wir von einer Art Vereinigung von jüngeren Mitarbeitern und Praktikanten des Zentrums empfangen wurden. Es folgten 1,5h Austausch über alle möglichen Fragen, so erfuhren wir, dass das Gehalt eines Ingenieurs bei der Eisenbahn in Russland bei etwa 800€/Monat liegt und das Studium bei 90% aller Studierenden von der RZD finanziert wird. Nachmittags besichtigten wir den Bahnhof von Samara, dessen Bahnhofsgebäude mit 93m eines der höchsten Europas ist. Erst 2008 fertiggestellt, ist er sehr modern. Von der Aussichtsplattform hat man einen hervorragenden Blick auf Samara und die Wolga, sowie das angrenzende Umland. Abends gab es noch ein Treffen mit Studenten, die Deutsch lernen und natürlich die Chance nutzen und mit uns in Kontakt treten wollten.
Am Donnerstagvormittag (20.09.12) besuchten wir den Stalin-Bunker, der in weiser Voraussicht in Samara und nicht in Moskau erbaut wurde. Nachmittags führte uns dann eine Doktorantin der Uni auf einen Betriebshof der Straßenbahnen und stand für alle Fragen offen. Am meisten interessierte uns, wie das System und die Infrastruktur in Zukunft aussehen sollen, denn bspw. die Gleise sind nicht gerade in einem guten Zustand. Am Abend gab es Tanzvorführungen von verschiedenen Kulturen Asiens – russische, mongolische, kasachische, etc. Wir hatten erwartet, dass wir uns einfach unter das Publikum mischen würden, aber nein, wir bekamen einen eigenen langen Tisch, wo uns nach jeder Tanzeinlage kleine Backwaren/Süßigkeiten aus der jeweiligen Region gereicht wurden. Wer wollte, durfte später auch noch die Kostüme anprobieren.
Freitag (21.09.12): Schon im Vorhinein hatten wir den Wunsch geäußert, auch das Umland der Wolga kennenzulernen, so dass unser Wunsch von den russischen Organisatoren erfüllt wurde und wir auf der anderen Seite der Wolga zuerst einen Naturstrand und dann die Wochenendresidenz eines Deutsch-Professors besuchten. In Natur gehüllt, machten wir eine kleine Wanderung und genossen ein köstliches Barbecue.
Den letzten Samara-Tag (22.09.12) verbrachten wir morgens in der Altstadt von Samara und nutzten die Chance, Postkarten und Souvenirs zu kaufen. Der Mittag und Nachmittag standen dann ganz für das Packen unserer Taschen zur Verfügung. Am Abend gab es dann eine emotionale Verabschiedung von unseren Freunden vor unserem Zug.
Nach einer erneuten 17-stündigen Zugfahrt kamen wir nun in Nizhny Novgorod an. Durch unsere Kontakte in Samara konnten wir in einem Gästehaus der hiesigen Universität günstig unterkommen. Da wir in Nizhny keinerlei Zwänge in unseren Tagesabläufen hatten, hat sich die Gruppe etwas gesplittet, so dass kleinere Gruppengrößen nun jeweils für sich die Stadt nach jeweiligem Interesse erkundigen konnten. Nizhny Novgorod liegt am Zusammenfluss von Oka und Wolga. Ersterer trennt die Stadt in zwei Hälften. Der Westteil kann eher als Arbeitsteil angesehen werden, dort befindet sich der Hauptbahnhof und es verlaufen zwei Metrolinien. In diesem Teil geht es hektisch zu und es herrscht ziemlich viel Verkehr. Angenehmer ist dagegen der Ostteil, in dem auch das Gästehaus liegt. Hier ist es eher ruhig mit einigen Parkanlagen, der Uferpromenade und natürlich dem hiesigen Kreml. Außerdem gibt es eine lange Fußgängerzone. Der Stadtteil ist auf einen Hügel gebaut, von daher hat man einen hervorragenden Blick auf den Zusammenfluss von Oka und Wolga, sowie auf die andere Seite der Stadt. Die meiste Zeit waren wir zu Fuß unterwegs (in 4er-Gruppen), was teilweise am Mangel an Informationen über den ÖPNV lag. Wir haben es uns aber nicht nehmen lassen, einmal mit der Metro zu fahren. Auffällig ist, dass sowohl hier als auch in Samara das System von der Moskauer Metro fast nicht zu unterscheiden ist. Die gleichen Züge, Ticketautomaten etc. Das Bezahlsystem ist auch ähnlich, man bezahlt einmal am Eingang und darf sich dann im Netz frei bewegen, ohne dass noch einmal kontrolliert wird.
Am Dienstag (25.09.12) ging es nach Moskau. Kaum 30min nach der Ankunft in Moskau waren wir beim Hostel namens „Godzillas Hostel“. Abseits der großen Straßen liegt es sehr ruhig, eine Metrostation lässt sich trotzdem in 5min erreichen. Es war noch nicht spät und so zogen wir wieder in kleineren Gruppen zum roten Platz Richtung Kreml. Natürlich wurde die Basilius-Kathedrale mehrfach fotografiert. Danach ging es noch ins GUM, ein Einkaufszentrum von luxuriösen Ausmaßen, sowohl von der Architektur, als auch von den Preisen her. Schließlich liefen wir durch den Feierabendverkehr zurück zum Hostel. Die Autozahlen in Moskau sind gewaltig, die Straßen sind voll, auf den Parkplätzen und in den Seitenstraßen steht ebenfalls alles voll mit Autos. Dementsprechend hoch sind auch die Schadstoffemissionen. Der Ansatz, die Metro zu nutzen, bringt auch nichts, denn diese ist bereits stark ausgelastet. In Stoßzeiten fahren die Züge teilweise alle 40 – im Tagesdurchschnitt alle 90 Sekunden.
Am nächsten Tag (26.09.12) fuhren wir zur Lomonossow–Universität, ein Gebäude, dessen Größe alles Universitäre übertrifft, was uns bisher untergekommen ist. Im Inneren scheint es wirklich alles zu geben und gerüchteweise verlassen manche Studenten das Gebäude ihr ganzes Studium lang nicht. Die Universität liegt auf den Sperlingsbergen und durch einen langen Park kommt man zu einem tollen Aussichtspunkt, an dem Moskau einem 85m unterhalb zu Füßen liegt. Nach einigen Fußkilometern erkundeten nun alle Gruppen die Stadt auf ihre Weise und erst am späten Abend trafen alle wieder aufeinander.
Am 27.09.12 war dann auch schon wieder unser Abreisetag gekommen. Den Vormittag verbrachten einige Reisende noch mit U-Bahnfahren, wo hingegen die anderen den Tag gemütlich im Hostel starteten. Mittags ging es dann zurück auf dem bekannten Weg zum Flughafen und von dort wieder mit dem Flieger nach Berlin.
Diese Reise war mit Sicherheit für alle Mitreisenden eine neue Erfahrung und wird allen noch lange im Gedächtnis bleiben und für neue Reiselust sorgen.
Anja Rade und Yannic Brodersen